Zur Steigerung der Kundenbindung und der Effizienz haben Banken ein grosses Interesse daran, die digitalen Kanäle im Privatkundenbereich weiter auszubauen und deren Nutzung voranzutreiben.

Aktuell verfügen im Bereich der Privatkunden jedoch noch lange nicht alle Kunden über einen E-Banking-Vertrag. Bestimmte Kundengruppen bzw. Personen können oder wollen das E-Banking nicht nutzen.

Der vorliegende Artikel zeigt mögliche Ursachen der Nicht-Nutzung des E-Bankings und jeweils dazu passende Steuerungsmassnahmen, mit denen Kunden zur Nutzung des E-Bankings motiviert werden können.

Zur Herleitung der Ursachen und Steuerungsmassnahmen wurde eine breit angelegte Literaturrecherche in folgenden Bereichen durchgeführt:

  1. „Barrieren bei der Nutzung neuer Technologien“
  2. „The unified theory of acceptance and use of technology
  3. „Aspekte der Produktgestaltung und der User Experience“
  4. „Erkenntnisse aus vergleichbaren Studien“
  5. „Faktoren der Kundensteuerung in Multikanalsystemen“
  6. „Austauschtheorie, Interaktions- und Verhaltensforschung“

Ergebnisse

Tabelle 1 zeigt die in den einzelnen Recherchefeldern evaluierten Ursachen und Steuerungsmassnahmen. Zur Strukturierung und besseren Veranschaulichung der Ergebnisse wurden diese möglichst klar voneinander abgrenzbaren Kategorien zugewiesen.

KategorieMögliche UrsachenMögliche Steuerungsmassnahmen
Gewohnheit-   Gewohnheit (Ram, 1989, Venkatesh, 2012)
-   Bequemlichkeit (Dietrich, 2017)
-   Trägheit, Tradition (Ram, 1989)
-   Konflikte in der Glaubensstruktur (Ram, 1989)
-   Aufwand (Ram, 1989), Aufwandserwartung (Venkatesh, 2012)
-   Ausmass der erforderlichen Veränderung (Ram, 1989)
-   Bisherige Erfahrungen (Venkatesh, 2012)
-   Zeitliche Belastung bei einem Kanalwechsel (Schögel, 2006)
-   Zeit, Reduktion des Innovationswiderstands über die Dauer der Einführung (Ram, 1989)
-   Produkt in übergeordnete Gesamtzusammenhänge einbinden und entsprechend vermarkten (Ram, 1989)
-    In vorhandene Produkte/Drittprodukte integrieren und als Leistungspakete vermarkten (Ram, 1989)
-    Aufklärung Markt und Kunden (Ram, 1989)
-    Belohnungen bei Verhaltensanpassung (Schwaner, 1996)
-    Bestrafungen bei Beibehaltung der Gewohnheiten (Schwaner, 1996)
-    Vereinfachung des Entscheidungsprozesses (Shah, 2008)
-    Aufbringen von Verständnis und Respekt für Traditionen (Ram, 1989)
-   Sozialen Einfluss geltend machen (Venkatesh, 2012)
-   Automatisierte Abläufe (Kim, 2005, Limayem, 2007, Venkatesh, 2012)
Unwissenheit bez. des Nutzens oder der Vorteile -   Erkennung des Wertes (Ram, 1989)
-   Wahrgenommene Nützlichkeit (Venkatesh, 2012, Jacobsen, 2022)
-   Wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit (Venkatesh, 2012)
-   Imagebarrieren, Kunden können sich nicht vorstellen, dass das Angebot tatsächlich Vorteile bringt (Ram, 1989)
-   Erfahrungen und Zufriedenheit anderer Nutzer (Igbaria, 1994)
-   Wahrgenommenen Wert durch gezielte Positionierung und entsprechende Kommunikationsmassnahmen steigern (Ram, 1989)
-   Imagekampagnen (Ram, 1989)
-   Positive Kundenrezensionen (Böckenholt, 2018)
-   Persönliche Beratung durch Bankberater (Dietrich, 2017)
Fehlende Anreize, fehlende Vorteile-   Verhältnis Nutzen zu Aufwand (Venkatesh, 2012)
-   Convenience, Flexibilität, Geschwindigkeit, Servicequalität (Kollmann, 2012)
-   Leistungserwartung (Venkatesh, 2012), Utility (Jacobsen, 2022)
-   Hedonische Motivation und Qualität (Venkatesh, 2012)
-   Zufriedenheit mit bestehenden Kanälen (Dietrich, 2017)
-   Finanzielle Zusatzbelastung des Kunden (Schögel, 2006)
-   Finanzen durch andere Person verwaltet (Dietrich, 2017)
-   Erhebliche Leistungsvorteile bieten (Ram, 1989)
-   Kanalverfügbarkeit (Böckenholt, 2018, Thaler, 1991)
-   Vorteile an Kunden weitergeben (Ram, 1989)
-   Einführung von Gebühren (Dietrich, 2017)
-   Pull-Massnahmen, Nutzen E-Banking steigern (Schögel 2009)
-   Push-Massnahmen, Nutzen bestehender Kanäle reduzieren (Schögel, 2009)
-   Zeitliche Begrenzung von Spezialangeboten, begrenzte Menge, begrenzter Zugang zu Leistungen (Cialdini, 1984)
Wegfall von Leistungen oder Nutzen-   Beziehungsverlust (Schögel, 2006)
-   Wegfall bevorzugter Kanal (HSLU, 2021)
-   Bereitstellung eines Mix aus physischen/digitalen Kanälen, aus welchen nach persönlicher Präferenz ausgewählt werden kann (HSLU, 2021)
Unsicherheit bei der Nutzung von E-Banking (inkl. Onboarding)-   Unsicherheit, fehlende Erfahrung (Schögel, 2009)
-   Brand Experience, Gesamteindruck zum Unternehmen und zum Produkt (Jacobsen, 2022)
-   Angst, Furcht, Distanzierung (Pinsonneault, 2010)
-   Usability (Jacobsen, 2022), Klarheit, Einfachheit, Design, Ästhetik des Systems (Venkatesh, 2012, van der. Heijden, 2003)
-   Beurteilung der Qualität durch Nutzer (van Schaik, 2011)
-   Vertrauen in die Technologie (von Gefen 2003)
-   Wahrgenommene Kontrolle über das System (Agarwal, 2000)
-   Steuerbarkeit, jederzeitige Kontrolle durch den User (Jacobsen, 2022)
-   Erwartungskonforme Applikation (Jacobsen, 2022)
-   Lernförderliche Applikation (Jacobsen, 2022)
-   Fehlertolerante Applikation (Jacobsen, 2022)
-   Individualisierbare Applikation (Jacobsen, 2022), personalisierte Services (Böckenholt, 2018)
-   Aufbau Technologieverständnis (von Gefen 2003)
-   Verständnis zu Usern, Arbeitsaufgaben/-umgebung (Jacobsen, 2022)
-   Eine aktive Einführung durch den Bankberater (Dietrich, 2017)
-   Kurzvideos, Tutorials (Dietrich, 2017)
-   Bereitstellung Kundenservice (Venkatesh, 2012)
-   Besuch E-Banking-Kurs einer Bank (Dietrich, 2017)
-   Erweiterte Unterstützungs- und Suchfunktionen (Böckenholt, 2018)
Fehlende Voraussetzungen-   Fehlende Infrastruktur, z. B. kein Internet (Dietrich, 2017)
-   Erleichternde Voraussetzungen (Venkatesh, 2012)
-   Supportmassnahmen (Schlögel, 2009)
Risiken / Bedenken-   Funktionelle Risiken (Ram, 1989)
-   Ökonomische Risiken (Ram, 1989)
-   Soziale Risiken (Ram, 1989)
-   Physische Risiken (Ram, 1989)
-   Sicherheitsbedenken (Dietrich, 2017)
-   Verlässlichkeit der Lösung (Rahi, 2019)
-   Selbstwirksamkeit (Venkatesh, 2012)
-   Absicherung gegen Schaden (Rahi, 2019)
-   Absicherung des Geldes (Venkatesh, 2012)
-   Anbieten einer Cyber Security Versicherung (Dietrich, 2017)
-   Risikosteuerung in den AGBs (Dietrich, 2017)
-   Befürwortung durch objektive Experten, Einsatz von Change-Agents und Meinungsführern (Ram, 1989, Engelmann, 2009, Cialdini, 1984)
-   Vertrauensbildende Massnahmen (Venkatesh, 2012)
-   Imagekampagnen (Ram, 1989)
-   Nutzung auf Trial-Basis (Ram, 1989)

Tabelle 1: Zusammenfassung evaluierter Ursachen und Steuerungsmassnahmen

Zur weiteren Nutzbarmachung können auf Basis der Ergebnisse der Recherche entsprechende Hypothesen gebildet werden. Tabelle 2 fasst die durch den Autor gebildeten Hypothesen (U1-U11 und S1-S18) zusammen. Die Hypothesen können als Basis der weiteren Erkenntnisgewinnung (bspw. als Fragen bei der Durchführung einer eigenen Kundenumfrage) genutzt werden.

KategorieMögliche Ursachen Nicht-Nutzung E-BankingMögliche zugehörige Steuerungsmassnahmen
GewohnheitU1: Der Aufwand auf das E-Banking zu wechseln ist zu hoch, möchte das bestehende Vorgehen beibehaltenS1: Opt-out: E-Banking wird generell angewählt und muss bewusst abgewählt werden
Unwissenheit bez. des Nutzens oder der Vorteile U2: Kennen die Vorteile des E-Bankings nicht oder zu wenigS2: Image-Kampagnen, die die Innovationskraft der Bank und des E-Bankings hervorheben
S3: Aufklärung des Kunden hinsichtlich der (persönlichen) Vorteile durch die Bankberatenden
Fehlende Anreize, fehlende VorteileU3: Kennen grundsätzlich die Vorteile des E-Bankings, können aber keinen persönlichen Nutzen erkennen
U4: Wird nicht benötigt, da bspw. Finanzen durch Dritte (wie Lebenspartner) geregelt werden
S4: Gebühren für Transaktionen ausserhalb des E-Banking-Kanals erhöhen
S5: Rabatte für Basis-Dienstleistungen bei Nutzung einführen
S6: Physische Kanalverfügbarkeit reduzieren (Öffnungszeiten)
S7: Zeitlich begrenzte Anreize zur initialen Aktivierung schaffen wie Verlosung oder Gutscheine
Wegfall von Leistungen oder NutzenU5: Möchten den physischen Kanal bzw. den persönlichen Kontakt zur Bank nicht verlierenS8: Bereitstellung eines Mix aus physischen und digitalen Kanälen, aus welchen nach persönlicher Präferenz ausgewählt werden kann
S9: Zusicherung, dass physische Kanäle trotz Abschluss eines E-Banking-Vertrags weiterhin genutzt werden können
Unsicherheit bei der Nutzung von E-BankingU6: Fühlen sich bei der Benutzung des E-Bankings unsicher und wollen es daher nicht verwenden
U7: Fühlen sich beim Onboarding (vertraglich oder technisch) unsicher und wollen es daher nicht verwenden
S10: Online-Training (Tutorials, Livestreaming)
S11: Persönliche Einführung durch Bankberatende anbieten
S12: Umfangreiche Support-Funktionen anbieten (bspw. Live-Chat)
Fehlende Voraus-setzungenU8: Haben keinen Internetanschluss oder besitzen die notwendigen Endgeräte nichtS13: Initiale Unterstützung bei Anschaffung von notwendigen Endgeräten oder Internetanschluss
Risiken / BedenkenU9: Haben aufgrund Internet-Kriminalität Bedenken
U10: Haben Bedenken bezüglich des Datenschutzes
U11: Haben Bedenken aufgrund von möglichen Software-Fehlfunktionen (richtig eingegeben, Auftrag wird dennoch falsch ausgeführt)
S14: Anbieten einer Cyber Security Versicherung
S15: Massnahmen zur Absicherung des Vermögens bei Schäden, welche ohne Fehlverhalten der Kunden eingetreten sind
S16: Aufklärung hinsichtlich des Datenschutzes und der Technologie
S17: Objektive Experten oder Meinungsbildner zur Befürwortung von E-Banking einsetzen
S18: Eingeschränkter Funktionsumfang für E-Banking-Einsteiger (bspw. nur Lesefunktion)

Tabelle 2: Mögliche Ursachen und Steuerungsmassnahmen

Bei Fragen oder Anregungen zur durchgeführten Recherche, zu den Ursachen und Steuerungsmassnahmen oder zur Anwendung der Ergebnisse stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung. Gerne beraten und unterstützen wir Sie bei der weiteren Gewinnung von Bestandskunden für das Onboarding des E-Bankings und bei der Steigerung der Nutzungsrate Ihrer E-Banking-Lösung.

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